Integration von CSR-Programmen in die Unternehmensstrategie

Nachhaltige Geschäftsentwicklung durch Integration von CSR-Programmen in die Unternehmensstrategie.
Unternehmen, ganz gleich welcher Größe und Ausrichtung, agieren im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit mit einer Vielzahl unterschiedlicher Stakeholder. Sie ziehen wirtschaftlichen Nutzen aus der Interaktion mit gesellschaftlichen Gruppen – insbesondere mit Kunden, Mitarbeitern und Nachbarn – und sind damit integraler Bestandteil der Gesellschaft.
Folglich haben Unternehmen auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Diese Verantwortung zeigen Unternehmen in der Regel durch eigene ‚Corporate Social Responsibility’ (CSR) Aktivitäten, nicht zuletzt, weil ein zunehmend aufgeklärter Markt heute auch ein derartiges unternehmerisches Engagement erwartet.
Bei der Entwicklung der CSR-Agenda für das Unternehmen geht es daher gar nicht mehr um die Frage ob entsprechende Aktivitäten geplant werden sollen (1), sondern vielmehr wie solche Programme optimalen Nutzen generieren können. Zur Frage der Nutzenoptimierung muss zunächst geklärt werden, welche Art von Nutzen oder Wertbeiträge für welche Begünstigten geschaffen werden sollen.
Rangan, L.A. Chase und S. Karim haben in einem wissenschaftlichen Beitrag (2) drei grundsätzliche Einsatzbereiche für CSR Initiativen vor dem Hintergrund ihrer Handlungsmotivation identifiziert
a) Fokussierung auf uneigennützige, philantrophische Ziele
b) Wertgenerierung sowohl für die Gesellschaft oder einzelner Gruppen als auch zur Unterstützung des eignen Unternehmenszwecksc) Erreichung systemischer Veränderungen bei gesellschaftlichen Herausforderungen und – als zunächst ungesicherte Folge – einen späteren möglichen Nutzen für das Unternehmen
Während der erstgenannte Einsatzbereich selten in seiner Reinform anzutreffen ist, weil zumindest mittelbar fast immer auch positive Nebeneffekte (Medienpräsenz, Unternehmensreputation, Mitarbeitermotivation u.a.) auf das Unternehmen abstrahlen, ist die letztgenannte Handlungsmotivation sehr aufwendig und riskant und somit meist nur für wenige Großunternehmen mit visionären Unternehmensleitern oder Eigentümern eine Option. Folglich ist der mit Abstand häufigste Einsatzbereich in der „sowohl als auch-Konzeption“ zu finden. Dies ist aber nicht unbedingt in der Tatsache begründet, dass die anderen beiden Einsatzbereiche überwiegend schwierig anzuwenden sind, sondern vielmehr, weil Unternehmen erkannt haben, dass gesellschaftliches Engagement Sichtbarkeit, Akzeptanz und Attraktivität erhöht und damit direkt ihrer nachhaltigen Geschäftsentwicklung dient.
Ist die Frage der Motivation für bestimmte CSR-Aktivitäten geklärt, geht es im nächsten Schritt um die effektive und nachhaltige Umsetzung dieser; denn nur erfolgreiche CSR-Programme können am Ende eine positive Auswirkung auf die für die Geschäftsentwicklung wichtigen Unternehmensziele haben.
Umfragen zufolge stützen sich aber erst wenige Organisationen auf eine strukturierte Entwicklung und Implementierung ihrer CSR-Initiativen, und das, obwohl die kritische Bedeutung von CSR-Maßnahmen allgemein akzeptiert ist und der potentielle Nutzen für Gesellschaft und Unternehmen außer Frage steht.
Sollen CSR-Programme jedoch die erwarteten nachhaltigen Erfolge bringen, müssen sie sowohl in einen strategischen Kontext gesetzt als auch strukturiert gemanagt werden. Wie eine gebotene Strukturierung und Integration in die jeweilige übergeordnete Unternehmensstrategie zu erreichen ist, soll der nachfolgend dargestellte ‚best practice’ Ansatz in 3 Schritte zeigen.
1. Entwicklung eines CSR – Rahmengerüst
Zunächst muss für die geplante CSR-Politik ein einordnendes Rahmengerüst definiert werden. In Anlehnung an die klassische Struktur strategischer Rahmengerüste wird auch für die beabsichtigte CSR-Position eine Mission (gesellschaftliches Basisverständnis) und eine Vision (angestrebter Wertbeitrag oder übergeordnetes CSR-Ziel) festgelegt. Aus Gründen der angestrebten Integration müssen Mission und Vision dabei die strategischen Unternehmensziele berücksichtigen bzw. unterstützen und auch im Einklang mit den vorhandenen Unternehmenswerten stehen.

Ableitung einer CSR – Strategie
Auf der Basis eines solchen Rahmengerüsts wird im nächsten Schritt eine CSR-Strategie-Karte entwickelt, die den Beteiligten ein klares Verständnis vermittelt, welches die Treiber und welches die Ergebnisse der CSR-Strategie sein sollen.
Dafür werden strategische Ebenen (Perspektiven) definiert, in die nachfolgend die jeweiligen Ziele positioniert werden.
Begonnen wird mit der Entwicklung der Ziele in der Ergebnisperspektive, das heißt, es werden die angestrebten gesellschaftlichen Wertbeiträge für die ausgewählten Stakeholdergruppen festgelegt. Dieser Entwicklungsprozess kann grundsätzlich vom internen CSR-Team selbstständig durchgeführt werden, findet aber idealerweise in direkter Zusammenarbeit mit den jeweiligen Stakeholdergruppen (solution co-creation) (3) statt, damit die tatsächlichen Erwartungen und Bedürfnisse der Betroffenen best möglich validiert werden können.
Sind die Wertbeiträge in Form von strategischen Ergebniszielen für die gesellschaftlichen Interessensgruppen identifiziert, werden anschließend die positiven Auswirkungen auf die strategischen Unternehmensziele abgeleitet. Damit soll sichergestellt werden, dass die CSR-Ziele entsprechend ihrer zuvor definierten Handlungsmotivation einen klar erkennbaren Beitrag zur Unternehmensstrategie zu leisten in der Lage sind.
Nachfolgend werden die kritischen internen Prozesse erfasst, die geändert oder neu entwickelt werden müssen, um die Erreichung der Ergebnisziele in der übergeordneten Perspektive zu ermöglichen.
Von den strategischen Herausforderungen der Internen Prozessperspektive werden schließlich für die unterste Ebene (Potentialperspektive) der CSR-Strategiekarte die strategischen Ziele in den Bereichen Mitarbeiterkompetenzen, Organisationsstruktur und Finanzen abgeleitet. Sie definieren die Kapazitäten, die strategisch aufgebaut werden müssen, um die notwendigen strategischen Prozesse erfolgreich implementieren zu können.
Zur abschließenden Bestätigung der Vollständigkeit der CSR-Strategie werden anschließend die ausgewählten Ziele mit sogenannten ‚Ursache-Wirkung-Verknüpfungen’ validiert. Dieser Qualitätssicherungsprozess soll hier anhand eines potentiellen Themas (‚Verbesserung der mentalen Mitarbeitergesundheit’) beispielhaft illustriert werden:

In diesem Beispiel ist das Ergebnisziel E3 ist abhängig von der erfolgreichen Erfüllung des Ziels P3 auf der Internen Prozessperspektive. P3 sieht demnach die Schaffung klarer Prozessstrukturen für Informationskampagnen, Diagnoseverfahren und Präventionsmaßnahmen vor.
Die nächste vorgelagerte Ursache-Wirkung-Beziehung besteht zwischen dem Ziel K1 auf der untersten Perspektive und dem Ziel P3. Hier wird als logische Voraussetzung für effiziente Prozesse zur Förderung der mentalen Mitarbeitergesundheit (P3) die Entwicklung entsprechender Führungskompetenzen im Mittelmanagement identifiziert (K1).
Operationalisierung und Umsetzung der CSR – Strategie
Bevor die CSR-Strategie nun von der Formulierung in den Implementierungsprozess überführt wird, werden für die jeweiligen Ziele der Strategiekarte zunächst ‚Key Performance Indicators’ (KPI) festgelegt und dann konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zugeordnet.

Auch hier werden damit die typischen Komponenten und ‚best practices’ eines klassischen Strategiemanagements nach Prof. R. Kaplan und Dr. D. Norton (4) angewandt.
Der Implementierungsprozess der CSR-Strategie sollte in den bereits im Unternehmen bestehenden Strategiemanagementprozess integriert und entsprechende Prozessstrukturen und Umsetzungserfahrungen genutzt werden; das heißt, die CSR-Initiativen werden mit dem gleichen Ansatz gemanagt wie die strategischen Initiativen des Unternehmens und die Fortschrittskontrollen folgen ebenfalls den gleichen Abläufen.
Ein weiterer kritischer Erfolgsfaktor ist die zentrale Koordination der oft komplexen CSR-Programme. Die Praxis zeigt, dass nur ein CSR-Officer in zentraler Funktion eine nachhaltige Umsetzung der Programme sicherstellen kann. Er sollte dafür im Wesentlichen 6 Rollen und Verantwortlichkeiten übernehmen:
- Steuerung des Prozesses der Wertgenerierung für die ausgewählten Stakeholder
- Verbindung der CSR Strategie mit den übergeordneten Unternehmenszielen
- Ansprechpartner für Geschäftsführung und betroffene Stakeholder
- Architekt der Umsetzungs- und Kontrollprozesse
- Koordinator für alle Prozessverantwortlichen und ihrer Aktivitäten
- Verantwortlicher für die interne und externe Kommunikation der CSR Aktivitäten
Als Schlussfolgerung bleibt festzuhalten, dass nur die strukturierte Entwicklung und Umsetzung von CSR-Programmen die Erfüllung von Erwartungen gewährleisten kann, die sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter in ihr gesellschaftliches Engagement gesetzt haben. Erfolgreiche CSR Ergebnisse sind damit unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Geschäftsentwicklung.
Georg Reygers
Geschäftsführer Tantum Group GmbH
München, im März 2018